Sahra Wagenknecht krönt ihren Seitenwechsel
Hatte Frau Wagenknecht in ihrer damals führenden Rolle bei der Linkspartei die frühere Kanzlerin Frau Merkel auch schon mal als „Verbrecherin“ bezeichnet?
Zur Erinnerung: Frau Ex-Kanzlerin Merkel hatte als Verantwortliche der Bundesregierung in der Rolle einer Garantin der international hochoffiziellen Minsker Vereinbarungen die Kriegsvorbereitung der NATO in der Ukraine vertuscht, um eingestandenermaßen(!) dem Kiewer Neo-Nazi-Regime Zeit zu verschaffen. Und dabei hatte Merkel dann ab 2014 die Terror- und Tötungsdelikte Kiews gegen die ethnisch-russische Bevölkerung wohl einfach so übersehen? Laut UNO-Dokumenten ging es um bis zu 14.000 getöte und schwer verletzte Menschen da in Donezk und Lugansk.
Jetzt bekennt Wagenknecht, den russischen Präsidenten Putin sehe sie als „Verbrecher“. Gerade der gilt ja bei seinem eigenen Volk als doch eher defensiv, da er recht spät und eben nur zögerlich die Abwehr der Diversionsanstrengungen des Westens gegen Russland beantwortete – von 2008 in Georgien bis 2022 im Donbass.
Wer also ist hier „Verbrecher“? Und warum will Frau Wagenknecht in einer bewußt grob-vulgären Art und offenkundig mit zweierlei Maß messen? Will sie das erst heute?
Eigentlich nicht, denn sie war es ja auch, die als Linke geradezu exklusiv die bewußt falsche Behauptung von einem angeblich „russischen Angriffskrieg“ gegen die Ukraine gebrauchte und sich dann fortan nicht mehr schämte, diesen Schmarren bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu wiederholen wie eine Art irres Ablaßritual. Jetzt aber brauchte Frau Wagenknecht etwas Neues aus der Kategorie ‚besonders heftig‘. Sie will offenbar ihren Seitenwechsel endlich vervollständigen.
Ihr Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), konstruiert in der Art einer kadermäßig aufgestellten Polit-Agentur, steht jetzt zwei Monate vor den Bundestagswahlen auf der Kippe. Frau Wagenknecht persönlich lieferte zuvor gegenüber wertkonservativen Wählern der AfD ein paar Brosamen („Nicht zuviel Zuwanderung!“, „Verbrennerautos sollten weiter produziert werden können“, „Mehr Wohnungsbau“, „Kein Ukraine Krieg“ und in den Parlamenten „auch mal mit der AfD stimmen, wenn ihre Anträge richtig sind“). Diese Lollipops verfingen aber bei den letzten Landtagswahlen nicht so recht. Es gelang auch das Abräumen des milieulinken Stimmpotentials nicht, auch nicht ein nennenswerter Einbruch in das Wählerpotential von SPD oder Grünen. Stattdessen rutschte das BSW dann Woche für Woche in den Wahlprognosen an die 5%. Dies vor allem nach den für das BSW desaströsen Koalitionsverhandlungen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Dort taten die BSW-Verantwortlichen so, als ginge es ihnen gar nicht um die noch im Wahlkampf geäußerten programmatischen Essentials (Keine Waffen in die Ukraine, keine US-Raketen hier in Deutschland, Corona-Pandemie-Aufarbeitung, Migrationsstopp).
Und jetzt also die neue Wende: Bei ZDF-Lanz in dessen Jahresrückblick äußerte sie: „Ich halte Politiker, die Kriege beginnen – und das gilt auch für Wladimir Putin – für Verbrecher.“
Frau Wagenknecht sägt damit de facto am Fundament ihres eigenen Projekts. Es ist kaum zu erwarten, daß sich die anderen Funktionäre des BSW solche Spielchen bieten lassen, vor allem diejenigen nicht, die bisland noch nicht mit irgendeinem EU- oder Landtagsmandat belohnt wurden. Und die enttäuschten Wähler? Sie müßten mit dem Klammerbeutel gepudert sein, dieser Truppe etwa bei den Bundestagswahlen im Februar ihre Stimme zu geben.
Stattdessen wird Wagenknechts verstiegener Pazifismus, als habe es nie gerechte Kriege zumal solcher der Verteidigung gegeben, sie wieder zu einem weiteren Abgesang (Kommunistische Plattform, PDS, PDL, ‚Aufstehen‘ etc.) von der politischen Bühne führen. Wo doch so mancher Wahlkampfmanager der SPD schon dachte, die schaufelt mit ihrem lebensfremden Pazifismus dem vermeintlichen Friedenskanzler Scholz nolens-volens am Ende doch noch die fehlenden Stimmen wenigstens für eine neue Regierungsteilnahme zu, weil ausgerechnet der sich plötzlich ganz praktisch als ‚Macher‘ aufführt. (Vgl. dazu hier auf dieser website).
Zu einem ähnlichen Resümee gelangt Dagmar Henn bei RTDE. Die beschreibt das Wirken von Wagenknecht ganz prosaisch mit „Nach der Kapitulation“. Hier ein Auszug aus diesem rundum lesenswerten Kommentar:
„Der Auftritt von Sahra Wagenknecht im ZDF-Jahresrückblick war zum Gruseln. Weil sie es für angebracht hielt, sich bis zur Selbstverleugnung bei den Vertretern der herrschenden Meinung anzubiedern, statt zu beanspruchen, für die Mehrheit zu sprechen(…)“
Und Dagmar Henn schließt dann zusammenfassend:
„Was zurückbleibt, ist eine eigenartige Enttäuschung. Eigenartig, weil ich nie große Hoffnungen in das Projekt setzte oder in die Person Sahra Wagenknecht, es ihr aber dennoch gelungen ist, selbst meine geringen Erwartungen eines schwachen Rückgrats noch zu enttäuschen. Denn wenn die letzten Jahre mit ihrem galoppierenden Demokratieabbau eines gelehrt haben, dann, dass in politisch kritischen Phasen die persönliche Standhaftigkeit wichtiger sein kann als die absolut richtige Bewertung der Lage (nicht, dass Wagenknecht sie hätte). Das Einzige, was an Wagenknecht Standhaftigkeit signalisiert, ist ihre Frisur, die einst Erinnerungen an Rosa Luxemburg wecken sollte. Ich denke, es ist überfällig, dass sie eine Frisur wählt, die ihr selbst entspricht.“