Trump der Retter?
Die Bundesregierung und viele Bundestagsabgeordnete zeigten sich überrascht, als bekannt wurde, dass Donald Trump mit Wladimir Putin telefoniert hatte und sich positiv über das Telefonat äußerte. In Bälde sollen Verhandlungen mit Russland geführt werden und ein Treffen mit Trump und Putin könnte, so der Vorschlag der US-Regierung, in Saudi-Arabien stattfinden. Vor allem hatte man nicht erwartet, dass die US-Regierung jetzt schon mit Putin verhandeln wolle, ohne sich mit den Europäern (EU) abgesprochen zu haben.
Es entsteht der Eindruck, dass die EU-Kommission und ihre Präsidentin Ursula von der Leyen immer noch nicht begriffen haben, dass die EU auf internationaler Ebene ein völlig unbedeutender Akteur ist. Über die Beendigung des Ukraine-Kriegs entscheiden die USA und Russland, aber nicht die EU oder Wolodymyr Selenskyj, der bis jetzt nur eine Marionette der USA war und für Donald Trump bedeutungslos geworden ist. Wenn es zu Verhandlungen kommt und Ergebnisse erzielt werden, wird Selenskyj die Ergebnisse, wie sie zwischen den USA und Russland ausgehandelt wurden, akzeptieren müssen. Es ist nicht davon auszugehen, dass man Selenskyj oder der EU bei den Verhandlungen gleichberechtigte Mitspracherechte einräumen wird. Bestenfalls erlaubt man ihnen, dass sie zu dem einen oder anderen Verhandlungspunkt Vorschläge einbringen dürfen, über deren Umsetzung dann die USA und Russland entscheiden. Zwar „mahnt“ Boris Pistorius, wie die Tagesschau berichtet, „eine europäische Beteiligung an den Ukraine-Friedensgesprächen an“, aber dies bleibt eine Wunschvorstellung von Pistorius, der wie die EU-Kommission den Bezug zur Realität verloren hat.
Natürlich ist Donald Trump sehr kritisch zu sehen. Sein Vorhaben im Gaza-Streifen ist ganz und gar abzulehnen und verdeutlicht das hegemoniale Denken der USA, das Trump verinnerlicht hat. Die arabische Welt ist für ihn von zweitrangiger Bedeutung und ihr kulturelles Selbstverständnis nimmt Trump nicht ernst. Völlig anders ist seine Haltung zu Israel. Das „auserwählte Volk“ steht eben der eigenen Kultur näher und man verliert kein Wort über das äußerst brutale Vorgehen gegen die Palästinenser im Gaza-Streifen. Ein Frieden im Nahen Osten wird es niemals geben, wenn geglaubt wird, man könne die Palästinenser aus ihrer angestammten Heimat vertreiben. Es werden die Kinder sein, welche das Glück hatten, den israelischen Terror überlebt zu haben, die dann als junge Erwachsene einer Organisation wie der Hamas beitreten werden, um ihre getöteten Geschwister und Eltern zu rächen. Eine andere Lebensperspektive haben sie nicht. Noch bleibt die arabische Welt ruhig. Aber wie lange noch? Professor John Mearsheimer gesteht Trump zu, dass er außerhalb der üblichen Schubladen denkt; manchmal, so Mearsheimer, würde dies Sinn machen, aber in Bezug auf den Gaza-Streifen wäre sein unkonventionelles Denken sinnlos. Es sei keine überlebensfähige Lösung. Auch weiß Mearsheimer nicht, wie sich Trump eine konkrete Lösung im Ukraine-Konflikt vorstellt und stellt die Frage: „What is the deal?“ .
Wesentlich positiver als John Mearsheimer beurteilt die russische Regierung den Verhandlungswillen von Donald Trump. So äußerte der russische Außenminister Sergei Lawrow „die Hoffnung, dass das Gespräch zwischen Trump und Putin die Vertreter des Westens, die vergessen haben, wie man einen Dialog führt, ernüchtern wird“. Bemerkenswert ist, dass Wladimir Putin sich zu sofortigen Friedensverhandlungen bereit erklärt hat, obwohl doch von den deutschen Leitmedien behauptet wurde, dass Putin nicht an Verhandlungen interessiert sei. Ursula von der Leyen betonte immer wieder, dass man gegenüber Putin Härte zeigen müsse, alles andere würde er als Schwäche auslegen und so setzte die EU (einige EU-Staaten wie beispielsweise Ungarn, Griechenland und die Slowakei sprachen sich dagegen aus) auf Waffenlieferungen und schloss Friedensverhandlungen aus. Die Ukraine verteidige unsere Freiheit, hieß es, auch wenn den westlichen Medien durchaus bekannt ist, dass in der Ukraine nach wie vor Oligarchen das Sagen haben, die auch Morde an Journalisten in Auftrag gaben, die zu kritisch über sie berichteten. Die Korruption in der Ukraine ist sehr hoch und natürlich gibt es rechtsextreme Bandera-Anhänger, die einen sehr großen Einfluss haben. Unsere Freiheit verteidigt die Ukraine also gewiss nicht.
Interessant sind die Reaktionen der deutschen Medien. Hier nur einige Überschriften: „Frieden für die Ukraine – aber zu welchem Preis“ (Tagesschau), „Trumps Telefonat mit Putin: Bedauerliche Zugeständnisse an Russland“ (DW), „Trump und Putin: Fünf Schlüsselelemente einer unberechenbaren Beziehung“ (Merkur), „Putins Charmeoffensive trägt Früchte“ (Frankfurter Allgemeine).
Noch kann nicht gesagt werden, ob die Verhandlungen zum Erfolg führen werden und was letztendlich vereinbart wird. Dennoch ist die baldige Aufnahme von Friedensverhandlungen äußerst beruhigend. Es ist davon auszugehen, dass die bellizistischen Töne in Deutschland und in der EU weniger werden, wenn nicht gar ganz verschwinden und stattdessen die Forderungen nach Beteiligung an den Verhandlungen zunehmen. Diesbezügliche Enttäuschungen werden nicht ausbleiben, aber sie könnten die Einsicht fördern, dass die EU an Selbstüberschätzung leidet und weltpolitisch keinen Einfluss hat. Möglicherweise hätte die EU die Chance gehabt, ein bedeutender Weltakteur zu werden, aber diese Chance ist nun nicht mehr gegeben. Laut Wahlumfragen ist davon auszugehen, dass Friedrich Merz der nächste Bundeskanzler werden wird und viele sind besorgt, dass er seine Ankündigung umsetzt, Taurus-Raketen an die Ukraine zu liefen, wenn Russland sich nicht vollständig aus der Ukraine zurückzieht. Nun ist grundsätzlich immer alles möglich, aber dass Merz jetzt noch seine Ankündigung verwirklicht, ist sehr unwahrscheinlich. Friedrich Merz ist als Transatlantiker und treuer Vasall der USA seinem neuen Herrn verpflichtet, auch wenn er in manchen Punkten eine andere Meinung vertritt.
Um es zum Schluss noch einmal hervorzuheben: Trump ist nicht der große Retter, aber es besteht die Möglichkeit, dass die Verhandlungen zum Frieden führen und Europa nicht zum Schauplatz eines großen europäischen Kriegs wird.
Otto von Friedbach